Heimat, na klar

Pamphlet, Hypothesen und Skizzen

Dieter Kaufmann

2019 -2023

Der dumpfe Begriff „Heimat“ in der hiesigen Zivilisation bezieht sich auf etwas Vorsprachliches aus der Zeit der kompletten Abhängigkeit des biologisch unfertig geborenen Menschen von anderen Menschen, meist seinen direkten Anverwandten. Über soziale Riten gesichert entwickelt das Kind eigene Fähigkeiten. Frühkindliche verbindet sich das, was ihm später als „Heimat“ gilt, mit sozial und lokal bewusster Erlebtem. Es koppelt sich an sichere soziale Gepflogenheiten oder Selbstverständlichkeiten der eigenen personalen und räumlichen kindlichen Umgebung an.

Diese Schutzzone ist lange erst biologisch gesichert, dann durch feste unhinterfragte soziale Riten stabilisiert. Die Weiterentwicklung der Gesellschaften lassen diese Kinder-Schutzzone lange unangetastet. Das ändert sich spätestens mit dem Entstehen des Kapitalismus. Dieser menschengemachte Gesellschafts-Algorithmus dringt aufgrund seiner expansiven Logik in alle Lebensbereiche des Menschen ein, um sie nach seiner internen Logik zu modellieren. Zuvor und parallel hatten schon u.a. Religionen soziale Strukturen von Menschen entsprechend ihrer Binnenlogiken und Ideen modelliert, oft aber frühkindliches ausgespart. Im Kapitalismus bleibt das, was der Mensch mit „Heimat“ verbindet, von den Veränderungen nicht ausgeschlossen. Auch die frühkindlichen sozio-biologisch bestimmten Abläufe und Rahmenbedingungen werden tendenziell verändert.

Menschen empfinden die als total erlebte Expansion des Algorithmus Kapitalistische Warenproduktion als Zwang. Und so entstehen Gegendefinierungen von Leben, Gegenstrukturen bilden sich in einzelnen Bereichen wie die bei der Vergabe des individuellen Lohns. Die als Basis menschlicher Existenz erlebte „Heimat“ erscheint bedroht, z.T. auch weil die Veränderungen schneller als in einer Generation erfolgen. „Heimat“ gilt als langfristig stabil zu erhaltende soziale Struktur und Raum. Die Forderung die „Heimat“ zu erhalten wird so Teil der Auseinandersetzungen um die Begrenzung der Ausbreitungsweite des Gesellschaft-modellierenden Algorithmus.

Aktuell sind weder die Geschwindigkeit noch die Ausweitungsreichweite der kapitalistischen Warenproduktion gesellschaftlich direkt geregelt sondern allenfalls indirekt. Kräfteverhältnisse zwischen den durch ihn definierten Klassen sind in einigen Soziale Bereiche inzwischen geregelt, wie dem des individuellen Lohns als Teil des gesamtgesellschaftlichen Preises der Ware Arbeitskraft. Nichteinbeziehung eines Sozialen Bereichs in dies Kräfteverhältnis führt i.A. dazu, dass sich kapitalistischer Logiken und Lebensmodelle durchsetzen. Schwache wie z.B. Kinder sind i.A. nicht einbezögen in die Auseinandersetzungen, die die Kräfteverhältnisse der Klassen definieren.

Die globale Expansion dieses Algorithmus bei Aussparung der Gegenwehr in bestimmten sozialen Bereichen führt zu einem globalisierten gesellschaftlichen Unbehagen über das soziale Leben und zu ungerichteter (meist irrationaler) Gegenwehr.

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