
Wie Gewaltverliebt die hiesige Zivilisation gerade ist, merkt man nicht nur an den christlichen Osterritualen, bei denen die Leiden eines römischen Gewaltopfers zelebriert werden.
Man bemerkt es auch an der in den Medien zelebrierten inszenierten Gewalt der Krimis, die in Deutschland als Sonntagabendunterhaltung Teil der angeblich friedlichen Wochenendfreizeit sind.
Auch im Strassenbild Gewaltdarstellungen: Riesen SUVs, die mit ihren Kühlern von oben herab alle vor ihnen aufzufressen drohen. Dann die militärischen Kurzhaarschnitte, „german (SS) cut“, der jungen Männer, die sich als Kriegstaugliche zu inszenieren scheinen. Nur um Weihnachten rum und an anderen Feiertagen kann man sicher sein, weder bei Autofahren genötigt zu werden, noch beim Gang auf der Strasse verdrängelt zu werden. Und die privaten Beziehungen krachen unter den gegenseitigen Überforderungen zusammen.
In Zeiten der durch die Krisen des automatisierten Kapitalismus erzeugten erhöhten gesellschaftlichen Unsicherheit und Gewalt versuchen sich die Reichen zu retten und schlagen die Kleinen um sich. Alle rüsten sich auf für einen Krieg vor der Haustür. Manche nehmen noch alles mit, was nicht niet- bzw. nagelfest ist. Die Stimmung wird gereizt, man hört sich nicht mehr zu, lebt nur noch in selbst vorgestanzten Meinungsmauselöchern.
Das eigene Gemeinwesen wird verhöhnt und verachtet. Die Klagen über die unfähige Politik haben die über das schlechte Wetter abgelöst. Am Gemeinwesen selber mitmachen? „Ich doch nicht, das tue ich mir nicht an.“ Ademokratisch halt. Die hiesigen Menschen haben ihre eigene Demokratie noch nicht verstanden. Sie denken als Sklaven, lieben es versklavt zu werden, und reden stundenlang über „den heutigen Stress“. Sie lieben es Masochisten zu sein, unfrei zu sein und zu bleiben. Ein demokratisches Gemeinwesen wird so entvölkert.
Einige Gutwillige können das nicht mit ansehen, werden Politiker und erhalten Hohn der sich selbst ins Universum lobenden Individuen. Die glauben, sie würden alleine auf der Erde leben und könnten ganz gut ohne Gemeinwesen auskommen. Asozialität und Masochismus, eine eigentümliche unproduktive Mischung, die Mächtigen die Chance gibt, sich still auszubreiten und diese Machtlücke zu füllen.
Masochismus auch im alltäglichen Arbeiten. Man verkauft sich, hat nichts zu sagen, bekommt reichlich Schweigegeld und verabschiedet sich für 8 Stunden aus der demokratischen Welt. Selbstbestimmung, Freiheit? Doch nicht beim Arbeiten. Eine FDP ist noch nie auf die Idee gekommen, Freiheit auch am Arbeitsplatz zu fordern. Ende der demokratischen Welt für 8 Stunden, bezahltes Sklaventum, Maloche, Stress. Die eigene Versklavung gut zu finden geht nur, wenn man masochistisch ist.
„Sie verlassen hier den demokratischen Sektor“, hieß es in West-Berlin an den Übergängen zur DDR. „Demokratie darf nicht am Werktor enden“ forderte die SPD zu besseren Zeiten. Die Forderung nach Freiheit gilt bei uns für Menschen in möglichst fernen Länder, aber doch nicht für uns selbst, wenn wir arbeiten. Wie schizophren ist eigentlich so eine Gesellschaft?
Masochismus und Gewaltverherrlichung, lustlose politische Demokratie und ohne Demokratie beim Arbeiten: rechte Parteien nehmen das auf und gewinnen so an Macht.